Extreme Bedingungen stellten harte Anforderungen
Von Alwin-Georg Maibach
Porz (pay) — „Wem es zu wohl wird, der geht aufs Eis“, lautet eine Redensart. Nicht so bei den Sporttauchern der Tauchsportgemeinschaft Porz. Ihnen war es zwar auch recht wohl, doch gingen sie nicht aufs Eis, sondern, wie es sich für zünftige Taucher gehört, sie gingen unters Eis.

Bis zu Minus drei Grad Celsius war das Wasser kalt. In Gruppen zu drei Tauchern stiegen die Porzer unter die Eisdecke. Hier kommen sie nach einer schwierigen Übung wieder an Land. Bilder: Odenwald
Für Sonntag war das Unternehmen „Tauchen unter Eis“ angesetzt. Da es aber in der letzten Woche nicht mehr gefroren hatte, zweifelten selbst die Optimisten, ob es denn, abgesehen von den Seen in den klassischen Wintersportgebieten, hier in der Nähe auch nur einen mit Eis bedeckten Tümpel gäbe. Schließlich wurden sogar private Wetten abgeschlossen.
Als es am Sonntagmorgen soweit war, sahen die, die noch bis Samstagabend von Eis überzogenen Teichen im Bergischen Land überzeugt waren, ihre schon fast gewonnenen Flaschen buchstäblich im feinen Nieselregen zerrinnen. Dennoch, die Taucher ließen sich nicht verdrießen. Sie packten ihre Geräte. Taucherwetter ist immer. Selbst wenn auf dem See kein Eis mehr ist, dann können Situationen simuliert werden, die auch den Zweck erfüllen.
Es ging zum Alper-Brücker See kurz hinter Ründeroth. Der Regen wurde immer stärker, die Pessimisten freuten sich schon, auch einmal eine Wette gewonnen zu haben. Groß war aber ihre „Enttäuschung“, als nach einer guten Dreiviertelstunde der See erreicht war: Er war noch immer mit einer Eisschicht überzogen.
Vorher war jedoch vereinbart worden, daß die Wette nur dann gelte, wenn auch das Eis einen Mann trage. Schnell bauten die Taucher ihr Zelt auf. Kalter Wind und nasser Regen machten die ganze Unternehmung nicht gerade zu einem Vergnügen. Als aber der kleine Ofen im Zelt „bullerte“, da war es schon wieder recht gemütlich. Die Taucher schlüpften in ihre „zweite Haut“. Auf dem Eis traten sie den Beweis an: Es hielt! Selbst als zwei junge Taucher einen doppelten Rittberger übten und mit Wucht auf die Eisdecke aufschlugen, brach sie nicht.
Mit einer Spitzhacke wurde ein Abstiegsloch geschlagen. Am Rand wurde eine große Eisfläche aufgehackt. Tauchboß Horst Platt ließ an verschiedenen Stellen des Sees noch einige Sicherheitsluken in die Eisfläche schlagen. Dann stieg er, mit einer kräftigen Lampe ausgerüstet, in das eisige Naß. Nur wenige Meter, dann konnte man ihn unter dem dicken, milchigen Eis nicht mehr sehen. Nach langen drei Minuten kam er wieder zum Vorschein. Die Training konnte beginnen.
Die Taucher, alle Mitglieder der Katastrophenabwehrmannschaft, waren nicht nur zum Vergnügen zu dem See gekommen. Sie wollten in dem bis zu minus drei Grad kalten Wasser unter extremen Bedingungen
Übungen praktizieren. Vor allem ging es darum, die Verhaltensweise im Wasser unter einer Eisdecke zu testen. Selbstverständlich achtete Horst Platt streng darauf, daß die Sicherheitsvorkehrungen genau beachtet wurden, wenn auch seine Tauchkollegen meinten, bei der guten Sicht von 10 Metern brauche man nicht so gut zu sichern.
Immerhin ist der See ein zugelaufener Steinbruch. Er weist eine Tiefe von durchschnittlich 22 Metern auf. Trotz der isolierenden Gummianzüge waren die Taucher „abgekühlt“, als sie nach fast eineinhalbstündigem hartem Training wieder an Land gingen. Im inzwischen mollig warmen Zelt wärmten sie sich bei kräftiger „Stulle“ und einem Korn auf. Die Taucher aus Porz haben an diesem Sonntagvormittag bewiesen, daß sie auch vor zugefrorenen Seen nicht haltmachen und mit den extremen Bedingungen fertig werden können.
Januar 1969